RSS

Eine gefährliche Straße, Hemingway und das Suchtpotenzial

08 Sept

Endlich hatten wir mal wieder gut geschlafen. Lag vielleicht auch an dem dicken Berg Decken den ich inzwischen überall im Zelt verteilt habe.
Die kleine schwarze Mietzekatze kam schon um 10 Uhr zum Abendessen.
Heute Morgen noch mal schnell ins Dorf und dann ab auf den nächsten Berg. Die Schildkröte hustet zweimal und springt an.
Meine Mutter hat mir geraten eine Flasche Champagner zu kaufen um meinem Kreislauf auf die Sprünge zu helfen.
Meine Mutter hat auch gesagt: fahr nicht alleine die gefährlichen Straßen – die sind in der Karte eingetragen. Also eine, hier in der Nähe. Ich kaufe also den Champagner, stecke ihn in den Kühlschrank und fahre zu der gefährlichen Straße. Vorher muß ich noch kurz anhalten um die Scheibe zu putzen….
Noch ist alles geteert, aber voller Zuversicht fahre ich immer höher. Die Kurven werden enger. Dann: die Straße ist kaput! Ein gutes Zeichen! Die Straße ist breit genug, der Berg nicht all zu steil, die Schildkröte tuka tuka den Berg entlang. Diesel erträgt die kleinen Schlaglöcher mit stoischer Geduld.
Dann kommt ein Warnschild: Strassenschäden. Verstehe ich nicht, denn die kaputte Straße ist nun weg und wir fahren eine tolle Schotterpiste entlang. PKW-tauglich.
Das ist ja das schönste, der Allradler kämpft sich den Berg hoch und oben trifft man dann nen Twingo…. 😦 (oder Beetle!)
Ich treffe was anderes: Mercedes, Ford, Peugot….
Dead End.
Die gefährliche Straße ist gesperrt, nur noch die Schäfer dürfen durch. Der popelige Rest muß aussteigen und zu Fuß weiter. Aber auch hier: nix Trampelpfad, feiner großer Boulevard zum falnieren oder wandern…..
Ich tue Diesel den Gefallen, wo wir schon mal hier sind. Rucksack geschnürt und los. Anstatt der Straße zu folgen folge ich meinem Hund der nicht im zick zack den Hang entlang läuft sondern querfeldein einfach geradeaus den Berg hochläuft. Ok, ist vielleicht ne Abkürzung, und da ist auch wieder Wasser…. Aber irgendwie…. Und da ist auch nirgendwo mehr Schatten.
Als ich bei den Schafsgehegen ankomme und schon die Hunde höre beschliesse ich umzukehren. Rumänien und die Slowakei haben mich gelehrt mit Herdenschutzhunden und Hütehunden vorsichtig um zu gehen. Zumal ich den Zankapfel Diesel dabei hab.

Zankapfel: hier auf dem Campingplatz gibt es einen Zwinger, in dem lebt etwas zotteliges und dieser britische Rodesian Ritchback (oder wie auch immer). Jedenfalls hat das Empire diese Köter zur Kolonialzeit zum Löwen jagen in der afrikanischen Savanne gezüchtet. Nun sitzt das Vieh mit Zottelkumpel in einem Zwinger von 3 x 5 m (nachts sind sie im haus, der Campingplatz gehört Briten) und hat Hospitalismus. Diesel hat schnell raus das die beiden da nicht raus können und rennt immer am Zwinger vorbei, wen ich nicht aufpasse, pisst ihnen vor die Nase und guckt ganz unschuldig wenn da drin der Wahnsinn tobt….. So viel zum kleinen Hutzelbär.

Übrigens befinden wir uns hier im Bärengebiet. Da will ich mit Herdenschutzhunden erst recht nichts zu tun haben.
Wir laufen die zick-zack-Straße wieder runter. Diesel will nochmal auf den Berg. Spinner. Ich geh ein Stück mit und wir machen Pause am Hang. Brot und eine Dose Geflügelterrine für beide.
Unten am Parkplatz sehe ich den ersten Geier. Es ist heiß, mir ist schon wieder schwindelig und ich freu mich auf den kalten Champagner.
Aber das geht jetzt nicht. Ich renne zum Auto, rupfe das Weitwinkel von der Kamera, Tele drauf und bin in einer Minute einen kleinen Hügel rauf geflitzt.
Von dem blöden Vogel seh ich nur noch die Schwanzfedern. Unten grasen Pferde und die Fohlen dösen in der Sonne. Vielleicht hat er gehofft die wären tot. Jedenfalls hat er den warmen Aufwind genutzt und hebt sich kreisen in schwindelerregende Höhen. Ich habe dei Hoffnung das noch ein dummer Piepmatz die schlafenden Fohlen für essbar hält, aber nein.
Dafür ärgere ich mich das Weitwinkel nicht mitgenommen zu haben! Die Aussicht hier oben ist toll. Wie ich da so stehe und Diesel mit hängender Zunge neben mir, nicht versteht was das jetzt wieder sollte, da vernehme ich ein unheimliches Donnergrollen. Ich schaue in die Richtung und sehe nichts. Der blöder Geier gondelt über einem Berg und seitlich davon grollt es immer näher und endlich kann ich in dem gleißenden Licht am Himmel eine hübsche Formation in der Sonne glänzender französischer Kampfflieger ausmachen. Die 10 Silberfische donnern über uns hinweg und ich beschließe mich meinem Champagner zu widmen.
Beim Abstieg versteh ich nicht wie ich hier so schnell rauf konnte.
Unten treffe ich zwei nette Korsen die sich einen Land Rover kaufen wollen. Wir quatschen ein bisschen und ich fahre los.
Auf dem kaputten Stück kommt mir ein kleiner grüner PKW entgegen. Er befindet sich in der Mitte der Straße da er mit seinen kleinen Reifchen auf die verbliebenen Reststücke Teer angewiesen ist. Er hält an und bleibt reglos stehen. Ich mache in dem Schotter so etwas wie eine Vollbremsung. Dann setzte ich zurück. Nach zwei Metern ist genug Platz und das kleine Auto zuckelt mit freudig winkenden kleinen Franzosen an mir vorbei den Berg hoch.
Mein Hinterrad steht mindestens noch einen halben Meter vom Abgrund entfernt!
Unten im letzten, bzw. ersten Dorf muss ich anhalten weil eine Wagenkolonne von ca 15 Fahrzeugen an mir vorbei will um den Berg rauf zu fahren den ich gerade runter bin.
Danke für mein tolles Timing.
Übrigens macht die Schildkröte mit Spurverbreiterung bessere Kurven als der blaue Engel.

Das ganz fatale ist der Wahnsinn der diese Berge auslöst. Eine Droge. Man glaubt es unt Kontrolle zuhaben, oder jeder Zeit umdrehen zu können, die eine Kurve noch…. Man ist schnell besessen. Dabei sind es viel zu viele Berge. Da gibt es keine Kontrolle drüber. Und was kommt nach der nächsten Kurve, nach dem nächsten Berg? Wieder Berg und Kurve. Bis man umfällt und liegen bleibt.
Den einen schaff ich noch – so ne Idee würde mir am Strand nie kommen. Surfer haben das bestimmt!
Ich denke in letzter Zeit sehr oft an Hemingway. Wenn ich auch noch nie wirklich etwas von ihm gelesen habe, ausser reißerische Presse über ihn. Aber als ich in dem Hotelzimmer in Carcassonne saß, da war er plötzlich da. Das Zimmer, die Einsamkeit, die Erlebnisse, die Zeit.
Ich meine Zeit und Raum. Man sitzt da. Und hier ist es noch viel besser. wir sitzen draussen. In der Unendlichkeit, zwischen den Giganten. Kleine Erdenwürmer. Ein Nichts. Die Mauern des Zimmers mögen einem noch Halt geben, aber hier verliert man sich in der Unendlichkeit und erst das Bewusstsein der Sterblichkeit gibt einem wieder eine Existenz. Eine, die man gut nutzen sollte.

So, ich glaub mein Champus hat sich beruhigt und ich geh mal auf die Suche nach dem Netz 🙂
Ganz liebe Grüße
Reija und Diesel

 
 

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

 
%d Bloggern gefällt das: